Jeder Flipperautomat hat ein besonderes Gimmick, liebevoll auch Toy genannt. Egal, ob es der sprechende, mechanische Kopf beim Funhouse ist oder die Burg beim Medieval Madness: Diese Toys sind so eine Art Alleinstellungsmerkmal des jeweiligen Flippermodells und viel Entwicklungsarbeit steckt seitens der Designer in diesen.
Umso bedauerlicher ist es, wenn ein solches Toy nicht funktioniert. Egal, ob es nun den Spielverlauf beeinflusst oder nicht.
Mein „Who Dunnit“ hat mehrere solcher Toys – eines davon ist eine Slot Machine unter dem Spielfeld. Mit dieser kann sich der Spieler Extrabälle, bestimmte Spielablaufereignisse (tolles Wort!) usw. erspielen. Geht diese mechanische Slot Machine nicht, wird sie einfach auf dem Display angezeigt. Kein großes Drama also, aber trotzdem nervig.
Also habe ich einen Reparaturversuch gewagt.
Akt 1: Das Problem
Bei meinem „Who Dunnit“ habe ich das Problem vom Vorbesitzer geerbt. Die Slot Machine besteht aus drei Walzen (links – mitte – rechts). Davon funktionierte bei meinem Modell nur die linke. Die mittlere und rechte Walze zuckte eher, ruckelte mal etwas nach oben oder unten, und summte hauptsächlich. Außerdem wurden die Transistoren (klassische TIP102 und TIP 107) sehr heiß, also: sehr heiß.
Auffällig war direkt, dass die linke Walze einen anderen Motor verbaut hatte, als die mittlere und rechte Walze, die sich beide den gleichen Motor teilen. So wirklich nachgedacht habe ich nicht darüber: Mutmaßlich wurden da mal Motoren vom Vorbesitzer ersetzt. Passiert, Dinge gehen kaputt. Und dass gleich zwei Motoren nicht kaputt, aber inkompatibel sind, kam mir nicht durch den Kopf. Aber dazu später mehr. 😉
Wie funktioniert das Ding?
Die Slot Machine besteht aus
- den drei Walzen (runde Plastikräder mit unterschiedlichen Aufklebern),
- einem Opto, also einer Lichtschranke – die Walzen haben eine Einkerbung an der Nullposition; die Position einer Walze wird dann einfach berechnet (Nullposition + Anzahl der Steps/Pulse = neue Position),
- drei identischen Stepper Motor Controller Boards,
- drei Stepper Motoren,
- drei Lampenfassungen und die dazugehörige Verkabelung,
- einem Metallgehäuse, das von unten an das Spielfeld geschraubt wird.
Ein Stepper Motor heißt so, weil er sich in festen Schritten bewegt. Ganz einfach ausgedrückt: Im Gegensatz zu einem „normalen“ Motor, der Strom bekommt und dann „durchläuft“, wird ein Stepper Motor in Impulsen angesteuert. Jeder Puls sorgt dafür, dass der Motor sich bewegt und dann wieder stehen bleibt. Wer von euch diese Hand-Zähldrücker kennt (siehe Bild rechts): Gleiches Prinzip. Es wird einmal gedrückt (= elektrischer Puls) und das Zählwerk klickt zur nächsten Position bzw. Zahl.
Wer mal einen Stepper Motor aufgemacht hat, sieht das auch direkt: Der Rotor ist eben nicht glatt, sondern wie ein Zahnrad geriffelt. Genauso geriffelt ist die Innenseite des Motorgehäuses, in welchem der Rotor (mehr oder weniger) frei drehend sitzt. Die Ansteuerung muss also nur im richtigen „Takt“ die Pulse vorgeben. Da in dem Stepper Motor zwei Spulen verbaut sind, die alternieren – und damit eine Rotation vorwärts oder rückwärts ermöglichen – muss die Steuerung also abwechselnd Pulse auf Spule A und Spule B geben.
Eigentlich ein simples Konzept. So schwer kann das ja nicht sein, das wieder zum Laufen zu bekommen. Drei Motoren, eine einfache Ansteuerung und überschaubare Fehlerquellen.
Haha, tja. Dachte ich.
Erste Schritte
Meine Fehlersuche zog sich locker über ein ganzes Jahr.
Instinktiv habe ich bei dem Zucken und Hin-und-Her-Wackeln der Walzen an die Ansteuerung der Motoren gedacht: Wenn die Ansteuerung nicht richtig alternierend pulsiert, dann arbeiten Vorwärts- und Rückwärtsbewegung gegeneinander und wir nehmen das als „Zittern“ war. Mein Fokus lag daher auf den Stepper Motor Controller Boards.
Folgende Dinge habe ich in der Zeit versucht:
- Beide Motoren auseinandergenommen, gereinigt und geprüft – alles in Ordnung.
- Die Slot Machine am „Who Dunnit“ eines Bekannten angeschlossen, um ein Fehler in der Ansteuerung (z.B. aus der Backbox) auszuschließen – gleiches Verhalten, das Problem war also definitiv meine Slot Machine.
- Geprüft, dass die Walzen nicht „schleifen“ oder hängen bleiben (z.B. am Opto/Lichtschranke für die Positionsbestimmung).
- Den Mikrochip (ein LM339 IC) auf dem Controller Board gesockelt und ausgetauscht.
- Alle Transistoren durchgemessen.
- Sicherheitshalber ein paar der TIP 102 / TIP 107 Transistoren getauscht, die heiß wurden (einer hatte bereits durch die Hitze das Zeitliche gesegnet und ist freiwillig geschmolzen).
- Die Stecker und Stiftleisten kontrolliert und auch hier sicherheitshalber die Lötstellen erneuert. Bei der rechten Walze habe ich testweise die Kabelverbindung des Motors direkt an die Stifte gelötet, da auf Pinside erwähnt wurde, dass ein stotternder Motor durchaus durch schlechte Steckerverbindungen verursacht werden könnte.
Alles umsonst, keine Besserung.
Aber: Den einfachsten Check, nämlich den linken, funktionierenden Motor einfach mal an die anderen Stepper Motor Controller Boards anzuhängen, habe ich natürlich vergessen (!) – und das obwohl mich ein User auf Pinside in meinem Thread dazu direkt auf diesen Test hingewiesen hatte. Sonst hätte ich schnell gemerkt, dass der Motor mit allen drei Boards funktioniert – die Boards sind also in Ordnung.
Umgekehrt funktionieren aber die beiden anderen Motoren mit keinem der Boards.
Und so wurde mir klar: Es muss an den Motoren liegen!
Akt 2: Ersatz, der kein Ersatz ist
Vermutlich ist der noch funktionierende Motor ein Originalteil vom Flipperhersteller Bally/Williams. Wer weiß, was mein Vorbesitzer da gekauft hat – ich bestelle also bei Ministry of Pinball zwei neue Ersatzmotoren.
Auch wenn Kabelfarben bei Stepper Motoren nicht genormt sind und damit völlig irrelevant sind, kann man die Motoren anhand der verwendeten Kabelfarben einigermaßen auseinanderhalten. Leider sind Flippershops (und auch die Flipperhersteller!) oft etwas geheimniskrämerisch, was solche Standardbauteile angeht: So lagen mir keine Infos vor, welche Motoren im „Who Dunnit“ für die Slot Machine verbaut wurden. Weder der Hersteller Bally/Williams hat – außer einer eigenen, internen Teilenummer – irgendwelche technischen Daten veröffentlicht; noch nennen die Flipperteile-Shops irgenwelche Details, um welche Motoren es sich handelt. Ganz im Gegenteil: PU-Parts verpixelt / blurrt im Produktfoto sogar absichtlich das Typenschild des Motors, damit man diesen oder ein vergleichbares Modell nicht irgendwo günstiger kauft. Das erleichtert die Fehlersuchen natürlich sehr… nicht.
Der einzige Anhaltspunkt sind also die Kabelfarben und deren Belegung, von denen man ungefähr darauf schließen kann, ob es sich um den gleichen Motor handelt, wie bei anderen „Who Dunnit“-Besitzern.
Und hier kam schon die erste Überraschung: Ministry of Pinball lieferte einen ganz anderen Motor als den auf der Produktseite beschriebenen Motor. Statt gelb/blau/rot/grün kam ein Motor mit den Kabelfarben schwarz/grün/rot/blau. Wie gesagt: Erstmal kein Grund zur Sorge.
Oder doch? Die beiden nicht-funktionstüchtigen Motoren haben die gleichen Kabelfarben und auch die gleiche Belegung. Und auch das gleiche Gehäuse, mit schwarzen Seiten und silbernen Oberseiten. Sind das etwa die gleichen Motoren?
Denn auch die Ersatzmotoren funktionieren nicht. Gleiches Fehlerbild: Stottern, zucken, zittern, summen – und die Transistoren verglühen wie ein Komet beim Eintritt in die Atmosphäre.
Erst dachte ich, dass die auf der Packung aufgeklebte Belegung nicht stimmt und habe irgendwann mittels „Trial and Error“ einfach alle 28 möglichen Anschlussverkabelungen durchprobiert. Ja, ich war verzweifelt.
Nichts hat geholfen, gleiches Fehlerbild bei allen vier Motoren.
Aber… das können doch nicht vier inkompatible oder kaputte Motoren sein? Immerhin bewirbt Ministry of Pinball die als kompatibel?
Akt 3: Traue niemandem!
Trotzdem ist hier was im Busch. Ich fange an, die Widerstände der Spulen im Motor durchzumessen. Dazu muss man nur wissen, welche zwei Kontakte zu jeweils einer Spule gehören – das kann man einfach mit dem Diodenprüfmodus („Piepstest“) vom Multimeter ermitteln. Zwei durchlässige (= piepsende) Kontakte gehören zur selben Spule, da eine Spule ja auch nichts anderes als ein dicht gewickelter Kupferdraht ist.
Und Zahlen lügen nicht: Der funktionierende Motor hatte bei beiden Spulen einen Widerstand von ca. 35Ω. Alle vier anderen Motoren hatten jeweils nur einen Widerstand von etwas über 2Ω.
Äh, was? Das… sind doch einfach ganz andere Motoren, die gar nicht kompatibel mit den Controller Boards sind?
Und tatsächlich scheint es sich bei den Stepper Motoren um Modelle zu handeln, die statt mit den 12V vom Controller Board eher für 3.6V geeignet sind. Diese werden gerne in 3D-Druckern oder Vintage-Flip-Clocks verwendet.
Ich habe also, schweren Herzens, bei einem anderen Händler (PU-Parts, die von oben) noch mal zwei Motoren bestellt. Es kamen auch die Motoren an, die auf der Produktseite beschrieben waren (mit den Kabelfarben gelb/blau/rot/grün).
Und was soll ich sagen? Eingebaut – funktioniert.
Ich hatte von Ministry of Pinball zwei nicht-passende Stepper Motoren erhalten. Und offenbar hatte auch der Vorbesitzer ebenfalls diese inkompatiblen Motoren verkauft bekommen und es nicht bemerkt. Wie hoch die Wahrscheinlichkeit für sowas denn bitte?!
In meinem Post auf Flippermarkt konnte JarekC auch Licht ins Dunkel bringen und hat die Spezifikationen für die Stepper Motoren des „Who Dunnit“ veröffentlicht (und das als Shop-Betreiber, großen Respekt und vielen Dank!):
Rated Voltage : 12V
Rated Current : 0.33A
Holding Torque : 2.3kg*cm
5mm Diameter Drive Shaft
Winding resistance: 32.6 Ω
NEMA 17 Mounting Hole Pattern (31mm)
Epilog: Kommunikation ist wichtig, MoP!
Mich ärgert bis heute das Verhalten von Ministry of Pinball, einem nicht unbekannten Flipperteile-Shop aus den Niederlanden. Diese hatten mir die beiden inkompatiblen Motoren ja verkauft. (/Ob der Vorbesitzer die Motoren auch dort gekauft hat, kann ich nicht sagen.)
Ich hatte Ministry of Pinball bereits eine Mail geschrieben, als bei mir der Verdacht aufkam, dass die Stepper Motoren nicht kompatibel sind. Gemeldet hatte sich niemand, auch nicht auf Nachfrage.
Erst als ich die Messwerte durchgegeben hatte und eine Erstattung für die Motoren forderte, melde sich jemand (ohne Namen, natürlich) und meinte, das sei aber merkwürdig, und ich könne die Motoren – selbstredend auf eigene Kosten – zurücksenden.
Das habe ich inzwischen getan, und vor zwei Wochen wurde die Sendung auch zugestellt. Bislang habe ich noch keine Rückerstattung erhalten. Was für ein „toller“ Kundenservice. Es läuft wohl auf einen PayPay-Case im Rahmen des Käuferschutzes hinaus.
Die Motoren sind derweil weiter auf der Seite von Ministry of Pinball als kompatibel für den „Who Dunnit“ erhältlich – selbstredend auch immer noch mit der falschen Kabelbelegung.
Das ist schon ziemlich frech, und auch etwas unverantwortlich: Die Transistoren überhitzen,
Ob diese Stepper Motoren für den „Scared Stiff“ kompatibel sind, kann ich nicht beurteilen. Ich denke aber, dass auch beim „Scared Stiff“ mit 12V gearbeitet wird – würde also zur Vorsicht raten.
Fakt ist, aber: Für den „Who Dunnit“ ist dieser Stepper Motor definitiv nicht geeignet – und hat mich viele Nerven (sowie einiges an unnötigem Geld) gekostet. 🙁